Monatsspruch
Monatsspruch März 2023 (Römer 8,35)
Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
„Nichts.“ antworte ich auf die Frage. Nichts kann uns scheiden von der Liebe Christi; nicht mich, nicht Sie, nicht Vladimir, nicht Immanuel, nicht Olaf und auch sonst keinen.
Paulus schreibt einen Brief an die Christen in Rom und erklärt darin die Grundidee des christlichen Glaubens – also wie groß die Hoffnung ist, die jeder haben darf, der an den gekreuzigten und auferstandenen Retter Jesus glaubt. Weil dieser den Tod besiegt hat, der jedem Lebewesen ein Ablaufdatum setzt, gibt es Hoffnung auf ein Leben über dieses Datum hinaus. Weil die dahinterstehende Wirklichkeit die normalen Lebensphasen Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter und Alter um eine Ewigkeitsperspektive erweitert, befreit dieser Retter vor jeglichem Druck, bestimmte Karriereschritte in bestimmten Zeiten tun zu müssen. Jesus Christus liebt seine Leute auch unter Bedingungen von Angst, Verfolgung, Hunger, Krieg, Diskriminierung, Bloßstellung, und so weiter.
Vergleichbar ist das mit einer Liebesbeziehung; genauer mit der Beziehung unter sich freundlich gesinnten Verwandten. „Der gehört zur Familie!“ motiviert Omas wie Onkels, bereitwillig guten Rat, nützliche Geschenke und die ihnen mögliche Unterstützung für die Entwicklung zu geben. Wenn Freundschaft und Verwandtschaft zusammenfallen, trägt die Beziehung in der Regel auch unter schlimmen Bedingungen. Familienmitglieder bleiben geliebt auch, wenn sie im Gefängnis sitzen oder auf der anderen Seite des Globus leben.
Bei mir gehören neben den beteiligten Menschen auch eine kleine Anzahl Katzen zur Familie. Auch die verschollene Katze wird geliebt; auch die Katzen, die sich zeitweilig nicht riechen können, werden von mir geliebt. Es tut mir weh, wenn sie sich nicht vertragen. Vergleichbar ist Gott auch den Menschen zugewandt, die untereinander in Konkurrenz stehen oder sich nicht begegnen möchten oder gar Krieg gegen einander führen. Weil Gott jeden Menschen liebt, liebt er auch meinen Feind.
Doch ab da wird es spannend. Wenn ich dem Retter Jesus folge und für seine Zuwendung nichts mitbringen muss aber die Perspektive habe, über mein Ende hinaus mit ihm in Beziehung zu sein, welche Folgen fordert das in meinem Alltag?
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch Februar 2023 (1. Mose 21,6)
Sara aber sagte: Gott ließ mich lachen.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
„Es ist zum Heulen!“ schreit eine Frau heraus. Wieder ist das Essen verdorben! So viel Mühe steckt darin. Gestern war es noch so lecker. Und in einer Stunde kommen die Gäste!
Schmerz, Trauer, Freude, Frust, Erregung, Schreck – starke Gefühle zeigen an, dass das Leben pulsiert. Wenn ein gewisses Maß überschritten wird, will die innere Bewegung heraus. Lachen und Weinen brechen sich Bahn. Das Herz klopft, der Körper hüpft. Der Mund geht auf – ein Lied erklingt oder wir schreien das Gefühl frei heraus.
Sara kennt das Leben. Aus einer behüteten Familie hat sie ihr Halbbruder heraus geheiratet. Die zwei lieben sich. Sie ziehen seit Jahrzehnten gemeinsam durchs Leben. Ein bisschen Reichtum ist ihnen zugefallen: Vieherden, fähige Mitarbeitende, Friede mit den Nachbarn und ein paar gute Freunde.
Ihr Mann hat eine Ader zu träumen: Er glaubt an einen Gott, der ihn zum Vater eines großen Volkes machen wird. Irrglaube, denkt Sara; denn schließlich ist sie kinderlos. Mit neunzig Jahren ist der Ofen aus. Das Thema Kinder kann sich der alte Mann schenken.
Doch da kommen diese Männer vorbei. Sie sprechen von sich, als wären sie nur eine Person. Saras Mann fühlt sich, wie wenn Gott zu ihm kommt und fährt ein Festmahl auf. Wie freut er sich: Leute, die seine Weltsicht teilen, Männer, die normal denken! Das Gespräch fließt. Ein Wort kommt zum anderen und die Männer sagen voraus, dass er übers Jahr einen Sohn bekommen wird.
Durch die Zeltwand hörte das Sara. Es triggerte tiefsitzende Gefühle. Sie lacht. Ob vor Schmerz oder vor der Irrsinnigkeit der Vorstellung? Darüber schweigt die Geschichte.
Das Unfassbare tritt ein: Die alte Frau bringt ein Kind zur Welt. Sie darf erleben, wie ihr Sohn aufwächst. Nun schwärmt auch Sara von diesem Gott: Gott ließ mich lachen, berichtet sie.
Der Gott der Bibel überrascht Menschen. Über die Jahrtausende hält er die Welt zusammen. Manchmal jedoch setzt er Akzente und lässt ungewöhnliche Dinge passieren. Glaube zeigt sich, wenn jemand mit so ungewöhnlichen Wendungen rechnet – wenn jemand auf die Kraft Gottes setzt, durch die alles anders kommen kann.
„Ich freu mich riesig!“ kann ich jeden Tag singen, denn Gott hat Leben in mich gegeben. Lachen, hüpfen und springen soll mein Herz in mir, denn Gott geht mit mir.
Was traue ich ihm zu? Was scheint unmöglich in meinem Leben? Gott kann es doch tun!
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch Januar 2023 (1. Mose 1,31)
Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Ein Kunstwerk gilt als fertig, wenn der Künstler es beendet hat. Dann erst dürfen die Kritiker sich entfalten und ihre Bewertung – Daumen hoch/ Daumen runter – bekunden. Und so staunen die Betrachtenden über das schiefrunde Dach, den geraden Strich oder die bizarre Art, sich auszudrücken.
Ein Stuhl mit schrägen Beinen; eine Wand, die bis in den Türrahmen hinein gestrichen worden ist; ein Bild, das zu nahe an der Schrankwand hängt – handwerkliche Produkte, die zum Kritisieren anregen. Sie müssen gut sein, suggeriert die Werbung eines Baumaktes mit der Begründung: Du hast es selbst gemacht.
Wenn Profis gearbeitet haben; der Stuhl funktioniert, die Wand gleichmäßig aussieht und das Bild an der Wand ein schönes Ensemble mit den Nachbargegenständen abgibt: Wer lobt dann diejenigen, die tätig waren und es so gut werden ließen?
Ich habe eine Angewohnheit: Am Ende einer Arbeit halte ich einen Augenblick inne und schau mir an, wie das Ergebnis geworden ist. Für mich selbst bewerte ich, ob es gelungen ist und nutze dazu meine eigenen – ganz subjektiven Kriterien.
Mit dieser Eigenart, bin ich dem Erschaffer der Welt ähnlich – Gott ebenbildlich. Gott hatte Freude dabei, als er unsere Welt und ihre vielen Schattierungen entworfen und erstellt hat. Seine Bewertung ist durchweg positiv: Es ist gut geworden. Das gilt – abstrakt – für einen Zustand der Welt zum Zeitpunkt Null. Es gilt aber auch ganz praktisch und persönlich: „Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz egal, ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur. Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu. Du bist du, das ist der Clou, du bist du. Ja, du bist du“ besingt es der Refrain eines Liedes von Jürgen Werth.
„Gott sah an alles, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.“ Diesen Spruch einen ganzen Monat persönlich zu nehmen – also bewusst auf sich selbst zu beziehen – dazu lädt er in seiner Funktion als Spruch des Monats ein.
Eine kleine Aufgabenstellung kann es konkret werden lassen: Schreiben Sie sich jeden Abend in den Kalender, was der Schöpfer an diesem Tag Gutes in Ihr Leben gebracht hat. Daumen hoch für den Nagel in der Wand, an dem jetzt das Bild so schön hängt! Gott freut sich – und Sie können sich mitfreuen.
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch Dezember 2022 (Jesaja 5, 20)
Der Wolf findet Schutz beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein, Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge leitet sie.Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Was haben Sachsen und Sardinien gemeinsam? In beiden Ländern leben Mufflons. Die wilden Schafe verschwinden, wenn Luchs oder Wolf in ihrer Nähe siedeln. Zwar sind die Schafe scheu genug, um sich vom Mensch fern zu halten; gegen die Jagdstrategien der großen Räuber jedoch, haben sie keine Chance.
„Fabelhaft!“ ist mein erster Gedanke, wenn ich den Spruch für Dezember 2022 lese. Und in der Tat könnte es eine Fabel sein, die hier erzählt wird. Lamm, Böcklein und Kalb sind Jungtiere. Aus Rivalitäten der Erwachsenen werden sie in der Regel herausgehalten. „Welpenschutz“ nennt das der Volksmund. Die Räuber leben jedoch vom Erfolg ihrer Jagd. Und da bieten sich unerfahrene Jungtiere förmlich an. Und zudem schmecken sie mit ihrem zarten Fleisch besser, als alle Älteren. Aber die Fabel scheidet aus, denn ein Mensch – auch ein Kleiner – kommt in dieser Textform nicht vor.
„Der Messias und sein Friedensreich“ ist das Kapitel in meiner Bibel überschrieben, aus dem der Spruch genommen ist. Nachdem die Figur des erlösenden Herrschers beschrieben ist, werden fabelhaft Bilder verwendet, um den Frieden zu beschreiben, der dann herrschen wird. Nehmen wir die Bilder als Realität an, kann das nur die Handlung in einem Signs fiction Film sein. Und ja, ganz tief in mir drin wünsche ich mir, dass das stimmt – dass es einmal genau so kommt.
Und da wird für mich aus dem kleinen Jungen das Christkind. Der Dezember ist voll mit sinnlichen Erfahrungen. Erst fiebern die vielen auf Weihnachten zu; besuchen den Weihnachtsmarkt, schmücken die Wohnung, suchen schöne Sachen, um ihre Lieben zu erfreuen. Und dann wird die Geburt dieses Kindes gefeiert; ein Kind, dass Gott zum Vater hat; ein Kind, dass die Zukunft regieren soll; ein Kind, in dem Christen den Friedensherrscher – den Messias – erkennen. Auch diese Hoffnung ist eine Gemeinsamkeit von Menschen in Sardinien und Sachsen.
Wolf, Panther und Löwe als Weidevieh. Was der Traum der Friedensliebhaber ist, erscheint als Albtraum der Räuber. Schutz benötigen die Räuber jedoch genau so dringend, wie die Weidetiere. Welchen Schutz erhoffen Sie von diesem Friedensherrscher, dem Messias? Gesegnete Advents- und Weihnachtszeit!
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch November 2022 (Jesaja 5, 20)
Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
in unterschiedlichen Zusammenhängen wird die Frage nach Sicherheit gestellt. Dabei erwarten wir klare Ansagen also Worte die stimmen. Es gibt sie die Sicherheit: einhundert prozentig sicher ist, d ass Leben auf der Erde zum Tod führt. Jedes Lebewesen hat seine Zeit. Was wir abstrakt wissen, kommt uns besonders nah, wenn es die eigene Lebenswelt betrifft und darin erfahrbar wird. Freude am Leben und Entsetzen über den Tod treffen uns alle.
Im Juli konnte ich beobachten, wie ein kleiner, bunter Vogel, ein Stieglitz, sein Nestlein in einen Holunder direkt vor meinem Fenster baute. Wunderschön ist es, das zu erleben! Das Nestlein, kleiner als meine Faust, entstand mit Ausdauer und Präzision an einem Blattansatz. Als Wind und Regen eines starken Gewitters am Ast zerrten, staunte ich über das Vögelchen, das still im Nest verharrte. Ebenso staunte ich in den heißen Mittagsstunden drückender Sommertage. Das Vögelchen wuchs mir ans Herz. Um jede Störung abzuw ehren, sperrte ich den Weg für die Kinder und freute mich, dass einen Teil der Brutzeit unser Urlaub Ruhe bringen würde. Eine Gefahr blieb: Ich bin Raubtierbesitzer. In meinem Haus wohnen Katzen. Sie bewegen sich tagsüber frei innerhalb und außerhalb des Hauses; Glückskatzen, die mein Ideal von Freiheit leben. Täglich beenden diese gefährlichen Lieblinge das Leben anderer Tiere. Wenn es soweit ist, dass die geliebten Wildvögelchen das Nest verlassen; dann würden die Katzen ein paar Tage Hausarrest oder, wie heute gesagt wird: Quarantäne bekommen. So war der Plan. Mein Urlaub ging zu ende. Aus dem Nest steckten vier flauschige Vogelkinder ihre kleinen Köpfe. Riesengroß war die Freude! Kein Vogel bewegte sich, wenn das geliebte Raubtier durch den Hof schlich. Nun galt es: Beobachten, wann der Arrest anzuordnen sei. Da erschien der geliebte Stubentiger im Haus. Ein Kind stellte die Frage: Ist das ein Schmetterling?! Das Schreckliche war eingetreten: Drei Vögelchen tot gebissen; eins über den Zaun gestürzt. Umgehend wurde die Maßnahme gegen den Räuber ergriffen. Zu spät! Entsprechend der vorangegangenen Freude war nun die Trauer groß. Jona kam mir in den Sinn; mit seiner Schatten spendenden Staude, die Gott erst wachsen und dann von einem Wurm töten ließ.
(vergleiche Jona 4, 6ff) Sauer auf mich - Hätte ich das Untier nur eher weg gesperrt! - trauere ich nun um tote Kinder. Dieselbe Trauer kennt der Richter unserer Welt: Weil wir Menschen Wesen sind, die um gut und schlecht wissen, muss er uns an diesem unseren Wissen messen. Wer ist frei davon, das Gute zu spät also in letzter Konsequenz nicht getan zu haben?
Für mich ist sicher: Der Weg zu Gott ist frei. Die gute Nachricht lautet: Gottes Sohn hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet. (Kol. 2,14) Das gilt es glaubend anzunehmen.
Der Monatsspruch lädt zum Reflektieren ein. Klare Ansage: Wo stehe ich?!
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch Oktober 2022 (Offenbarung 15, 3)
Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
den Blick genießen, oben vom Berg, das ist toll. In der Ferne sind Menschen zu sehen und Häuser und der Wald und die Felder. Alles wirkt so niedlich. Von einem solchen Blick singen die Bezwinger der Berge, die Bergvagabunden. In ihren Geschichten und Liedern kommen aber auch die schweren Anstiege, Wegmarken bei Nebel und schmerzende Knie beim Abstieg vor. Wer auf dem Berg war, kennt das ganze Paket.
So ein Berg kann als Symbol dienen für einen harten Weg oder eine schwere Zeit; ein Brocken, der zu überwinden war. Vierzig Jahre zog Gottes Volk mit Mose durch die Wüste. Einen weiten Ausblick gab es am Berg Horeb. Gott sprach und das Volk bekam Gottes
Idealvorstellung fürs Zusammenleben mit auf den Weg.
Sehr lange Zeit später – das ideale Zusammenleben gelang nur in ein paar Gipfelmomenten – hat Gottes Sohn uns gezeigt, wie`s klappen kann. Seitdem besteht Gottes Volk aus Menschen aus allen Ländern, die versuchen diesem Beispiel zu folgen. Sie fühlen sich dabei wie auf einem Weg über die Berge. Es gibt wunderschöne Momente und dazwischen anstrengende Strecken.
Am Ziel werden Lieder gesungen. Es wird gejubelt. Berggipfel und Schluchten liegt zurück und sind Geschichte. Im fünfzehnten Kapitel der Offenbarung ist davon zu lesen. Diejenigen, die Gottes Weg bis zum Ende gegangen sind und auch die schweren Abschnitte durchschritten haben, spielen das Lied der Überwinder: „Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.“
Mir stellt sich die Frage: Wie komme ich dazu, in der beschriebenen Zukunft das Lied mitsingen zu können? Wie die Lieder der Bergvagabunden Hinweise enthalten, auf was ich mich im Gebirge einzustellen habe, gibt das Lied, aus dem der Spruch des Monats kommt,
Hinweise, wie ich zu denen gehören kann, die es singen.
Auf die Kraft Gottes – auf sein Tun – im eigenen Alltag vertrauen, fordert mich heraus. Ganz eng mit Jesus verbunden zu bleiben, hilft mir auf dem Weg zu gehen. Bei alltäglichen Entscheidungen Gott fragen: Was würdest Du an meiner Stelle tun? – Und dann die Antwort, die mir einfällt, in die Tat umsetzten – das ist der Weg. Ich bin fröhlich, denn aus allen Völkern werden Menschen kommen und vor Gott das Lied der Überwinder singen.
Begegnen wir uns dort?
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch September 2022 (Sirach 1, 10)
Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
als ich mich jede Woche auf die Schulbank setzte, um das grüne Abitur zu erwerben, hatte ich einen sehr jungen Mitstreiter. Er wusste fast alles schon. Als Enkel eines Försters war er begeistert von der Natur und hatte in seinen jungen Jahren bereits viel Fachwissen erworben. Dieses Wissen nötigte mir Respekt ab.
Sirach – von dem der Spruch stammt – beschreibt sich selbst in der Rolle eines solchen Enkels. Sein Großvater hatte Bücher aus einem anderen Land übersetzt und war von deren Inhalt fasziniert. Diese Begeisterung entdeckte auch Sirach für sich und las in denselben
Büchern. Inhaltlich sind diese Schriften der Weisheitsliteratur zuzuordnen.
Anders, als bei naturwissenschaftlichen Wissensbeständen, handelt es sich bei Worten über Weisheit um Verhältnisbeschreibungen, die eine Wertung transportieren. Weise kann ein Mensch auch sein, wenn er nicht in der Lage ist, Fachwissen anzuhäufen. Weisheit hat etwas mit Lebenskunst zu tun: Wie gelingt das Leben so, dass ein Beobachter staunend feststellen kann: „Was der getan hat, ist gelungen. Es war einfach gut und richtig.“
Wenn ein Mensch für sein Thema brennt, sagt der Volksmund: „Der liebt das, was er tut.“ Lieben können alle Menschen; zuerst die ihnen nahe stehenden Personen und daneben ihre Hobbys, eine Farbe, ein Tier oder eben auch ein Thema.
Wenn ein Thema intensiv untersucht wird, werden Fassetten in Zusammenhängen erkennbar, die nach geeigneten Worten verlangen. So entwickelt jede Disziplin Fachwörter und untergliedert ihre Themen in Unterthemen. Aus dem Reh wird für den Waidmann das
Rehwild, das als Bock oder Ricke angesprochen – also beobachtet und benannt – wird. Durch die Brille der Wildtierbiologie betrachtet werden Detailfragen interessant, wie die Lage der Organe, die Bezeichnung der Fleischstücke oder Bezüge zu Alter, Gesundheit und so weiter. Auch die Schönheit oder eine relative Bevorzugung – also eine ganz subjektive Bewertung des Betrachters – können eine Rolle spielen.
Sirach kennt sich mit der Weisheit aus. Er kann viele Blickwinkel einnehmen, aus denen heraus er die Weisheit zu betrachten oder in Zusammenhänge zu stellen vermag. Der Spruch, „Gott lieben, das ist die allerschönste – oder auch die allerhöchste – Weisheit.“ entspringt seiner ganz subjektiven Bewertung. Der Experte sieht das Besondere. Als Unkundiger kann ich dem Experten nur nachspüren und fragen: Wie kommt der darauf?
Oder ich staune einfach darüber – und versuche das, was mir einleuchtet, in mein Bild über die Welt einzubauen. Was bedeutet „Gott lieben“ für mich? Welche Weisheit finde ich schön? Gehört zu einem weisen Spruch ein sinnliches Bild oder gehört die Weisheit zu den Dingen, mit denen ich grübelnde Nächte verbringe?
Über mein Verhältnis zu Weisheit und Gottesliebe nachzudenken, regt der Spruch den Monats an. Wie das Rehwild – dass plötzlich über den eigenen Weg gesprungen kam – und so zum Gesprächsthema geworden ist, kann auch die Weisheit den gemeinsamen Austausch mit dem eigenen Großvater, mit Freunden, Kollegen oder Enkeln bereichern.
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch August 2022 (1. Chronik 16, 33)
Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Mein Herz geht in mir auf, wenn ich in den Wald gehe. Dort finden sich Bäume, Kräuter, Sträucher, Tiere, Pilze und andere Lebewesen. Viele davon faszinieren mich. Bäume stehen fest an ihrem Ort. Sie sind gewöhnt, dass Frost und Hitze kommen – und auch wieder gehen. So lange Bäume Wasser ziehen können und sich im Boden ein paar Nährstoffe sammeln, können sie wachsen und alt werden; bis ihr langer Lebenszyklus sie zur Grundlage anderer Lebewesen werden lässt.
Ein ausgewachsener Baum kennt eine Gefahr – den Mensch. Kleine Menschen ritzen gern Bäumen die Rinde ein um anderen kleinen Menschen Zeichen zu hinterlassen. Große Menschen wollen das Holz haben. Sie kommen mit Säge und Axt, um das Leben eines Baumes zu beenden. Eine unbekannte Menge Menschen macht den Waldbäumen gemeinsam das Leben schwer: Sie bewirtschaften die Erde so, dass viele Bäume brennen; gerodet für die Umnutzung der Flächen, entzündet durch die Hitze der Sommer oder angebrannt, weil die schützenden Nachbarn in Form anderer Arten fehlen. Die Menge der Bäume wartet darauf, dass der Mensch in seine Schranken verwiesen wird. Die Bäume werden jubeln, wenn Gott die Erde richten kommt.
Im Text steht statt „werden“ das Tätigkeitswort „sollen“ – also eine Aufforderung. Auf der Suche, weshalb der Text die Bäume auffordert, habe ich entdeckt, dass er aus einem Lied kommt. Ein König lässt seine Chöre antreten und singen. Der lebendige Gott soll gelobt werden. Er hat dem König versprochen, dass ein Nachkomme zum ewigen König erhoben wird, den Gott als seinen Sohn ansehen will. Und so jubelt dieser König so sehr, dass er auch andere auffordert, diesen kommenden König zu bejubeln. Dabei geht er so weit, dass die Natur aufgefordert wird:
„Es freue sich der Himmel, und die Erde sei fröhlich, und man sage unter den Heiden, dass der HERR regiert! Das Meer brause und was darinnen ist, und das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist. Es sollen jauchzen alle Bäume im Wald vor dem HERRN; denn er kommt, zu richten die Erde. Danket dem HERRN, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.“
Wenn dieser König kommt, um zu richten, klingt in der uralten Sprache über Rechtsprechung mit: Dieser König wird den guten, gesunden Zustand wieder herstellen. Wenn er regiert, kommt das Gleichgewicht in der Natur zustande. Und genau darauf hoffen wir Menschen heute ganz besonders. Immer, wenn vom Klimawandel gesprochen wird, rufen wir uns in Erinnerung, dass in unserer Welt etwas so gravierend ungünstig verläuft, dass dringend geeignete Maßnahmen benötigt werden. So hoffe ich, dass der König, den Gott einsetzt, bald erscheinen soll. Dann werden die Bäume im Wald jubeln.
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch Juli 2022 (Psalm 42, 3)
Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
wenn das Gleichgewicht wackelt sind sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig schlimm. Wasser zeigt das besonders eindrücklich. Ohne Wasser vergeht alles Leben; aus Erde wird Stein oder die feine Form davon, Staub. Alle Lebewesen leiden. Dieses Leiden verändert die Sinne: Scheu und Vorsicht treten zurück, wenn nur das Bedürfnis nach Leben gestillt wird. Der Dichter des Psalms besingt dieses natürliche Phänomen und projiziert das Bild auf das Verhältnis unseres menschlichen Kerns – der Seele – und Gott:
Wie ein Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu Dir! Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue?
Der lebendige Gott wird mit Wasser verglichen, das frisch ist; sprudelt und fließt. Umso größer der Durst, umso größer ist auch die Sehnsucht nach diesem frischen Nass. Wenn es ausbleibt, wackelt mein inneres Gleichgewicht.
Die Sehnsucht nach Leben treibt mich, aktiv zu sein. Weil Gott das Leben will, hat er alles so wunderschön gemacht. Aus ihm speisen sich die Kreisläufe der Welt. Den Menschen hat sich Gott als Gegenüber gewünscht. Weil er jedoch für unsere Sinne unsichtbar bleibt, hat der Fromme ein Problem: Gott kann er keinem vorstellen. Diese Erfahrung besingt das Psalmlied.
Als Mensch saß Jesus einmal in der Mittagshitze an einem Brunnen. Eine Frau kam dazu. Sie war schlecht angesehen. So versuchte sie allen Menschen aus dem Weg zu gehen. Weil sie auch Durst hatte, musste sie – wie jeder Mensch – trinken. Es kam zum Gespräch zwischen ihr und Jesus (nachzulesen in Kapitel 4 im Johannesevangelium). Und Jesus behauptete der Frau gegenüber: Wer das Brunnenwasser trinkt, wird wieder durstig. Wer aber das Wasser trinkt, das er gibt, den wird eine Ewigkeit lang nicht dürsten. Dieses Wasser wird zu einer innenliegenden Quelle und führt zum ewigen Leben.
Die Aussage von Jesus, dass durch ihn ein dauerhafter Kontakt zu Gott möglich ist, verbindet meine Seele mit Gott. Aus dieser Idee heraus bekommt alles, was ich tue oder lasse einen tragenden Wert – die Perspektive der Hoffnung: Eine gute Zukunft ist möglich und sie wird sich durchsetzen. Weil diese Hoffnung langsam aber stetig quillt, bleibt das Gleichgewicht erhalten. So kann ich mich dann auch dem Ende des Psalms anschließen: Warte auf Gott, meine Seele! Ich werde ihm noch danken, dass er mein Gegenüber und meine Hilfe ist.
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch Juni 2022 (Hoheslied 8, 6)
Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Wie stark ist der Tod? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur; der Tod trifft jeden – niemand entkommt ihm. In der langen Geschichte der Menschheit gilt das als gesetzt. Es gibt nur wenige Legenden von Menschen, die die Erde anders verlassen haben. Selbst Jesus von Nazareth ist gestorben bevor aus ihm der Wieder-Lebende – der Auferstandene – geworden ist; der seitdem den Titel „Christus“ – Retter der Welt – trägt. Der Glaube weiß darum, dass Gott stärker ist, als der Tod und dass der Christus Gottes Liebe repräsentiert.
Liebe trifft jeden. Wer lebt ist durch einen Akt entstanden, den wir mit Liebe gleichsetzen. Auch, wenn das Leben noch so gemein zu jemandem zu sein scheint: Ohne Liebe gäbe es denjenigen nicht. Die Liebe, die Gott zugeschrieben wird, betrifft auch jeden. Gott lädt uns ein: Wer Jesus glaubt, wird am Ende dem Tod geraubt.
Im alttestamentlichen Hohenlied wird der Liebe nachgespürt, die jeden trifft. Mit sinnlichen Bildern komplimentieren sich darin Liebende und teilen sich ihre gegenseitige Zuneigung mit. Sinnlich vergleichen sie die Schönheit des anderen mit besonderen Bildern. Sentimental und phantasievoll schmeichelt so einer dem andern. Wie einem eine rollige Katze zwischen den Beinen entlangstreicht und schnurrt, sobald sie Zuwendung bekommt, so schmelzen die Texte dahin.
Eins dieser Bilder ist das Siegel. Es dient der eindeutigen Zuordnung. Siegel finden sich auf dem Wappen eines Ritters und im Logo eines Konzerns ebenso wie in der Amtsstube einer Gemeinde oder im Namenszug eines kleinen Geschäfts. Wer das Siegel trägt, gehört dazu! Keine Liebe ist größer als die, den anderen vollkommen dazugehören zu lassen. Das wünschen sich die Liebenden gegenseitig.
Leben setzt sich durch, wo solche Liebe da ist. So verbindet mich das Band der Liebe mit meinen Vorfahren. Heute knüpfe ich am Ende dieses Bandes. Mit starkem Arm gestalten die Liebenden das Leben – und die Liebe setzt dem Tod etwas entgegen.
Versiegelt mit der Liebe gehören die Liebenden zusammen. Wer das Siegel von Gottes Liebe in sich trägt, hofft auf den Christus. Sein Arm ist stark geworden, den Tod in Schranken zu weisen. Diese Hoffnung im Herzen wünsche ich uns – und ja; ich wünsche uns, dass sich der Christus bald sichtbar zeigt.
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch Mai 2022 (3. Johannes 2)
Ich wünsche Dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es Deiner Seele wohlergeht.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Diplomaten unterhalten sich mit wohlgewählten Worten – quasi durch die Blume. Die leichte Übertreibung in der Sprache sendet eine Botschaft: „Pass auf, wenn es weiterhin so sein soll!“ Johannes schreibt an einen Freund. Direkt nach der Anrede bereitet er ihn darauf vor, wohlwollend den Inhalt des Briefes zu lesen. Eigentlich will Johannes persönlich mit ihm sprechen; er kann aber gerade nicht. So schreibt er schnell eine kurze Nachricht: „Achtung, in Deinem Umfeld verhalten sich ein paar Leute falsch! Bleib Du bei Deiner Haltung!“
Der Inhalt vieler Nachrichten im Gruppenchat klingt ähnlich. Der schöne Wunsch „Ich wünsche Dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es Deiner Seele wohlergeht“ könnte er aus einer Textnachricht zum Geburtstag zitiert sein. Warme Wünsche tun gut. Sie erzeugen ein positives Gefühl. Das stärkt die Beziehung. Und, wenn ein Verantwortungsträger einem anderen schreibt, dass in seinem Bereich etwas Kritisches abläuft, ist es umso wichtiger, dass die Beziehung geklärt ist. Indianerhäuptlinge qualmten deshalb gemeinsam eine Pfeife, bevor sie wichtige Fragen besprachen.
Der Vers selbst enthält eine Nachricht: Ich bin Dir so wohlgesonnen, dass es mich freut, wenn Du erfolgreich bist. Und dazu wünsche ich Dir mehr als „Alles Gute!“ Ich wünsche Dir körperlich Gesundheit, seelisch Ausgeglichenheit und darüber hinaus einen Sechser im Lotto oder einfach nur Erfolg, bei allem, was Du tust.
Es ist Mai. Die Natur erfreut uns an allen Ecken. Die ersten kleinen Mietzekätzlein springen auf dem Heuboden herum und die ersten Vögelchen üben fliegen. Wohl wissend, dass die Kätzlein den Vögelein zu Feinden werden, wünschen wir allen Kleinen erstmal Glück und Wachstum und ein langes Leben.
Das alles wünscht uns Gott in dieser Zeit. Auch wenn es immer wieder etwas zu kritisieren gibt, steht vor allem anderen der gute Wunsch Gottes an Sie und mich: „Ich wünsche Dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es Deiner Seele wohlergeht.“ Darin spiegelt sich die Vaterrolle, die Gott uns Menschen gegenüber einnimmt. Und als Vater bin ich froh, wenn sich Streit schlichten lässt und an die Stelle des Streitens etwas Produktives rückt. Die Kinder sollen sich entwickeln, sollen ihre Begabungen ausbauen und erfolgreich sein können; und sie sollen mit ihren Schwächen umgehen lernen.
In der Welt gibt es viele Menschen, die Gott seine Kinder nennt. Sie wohnen im Osten, im Westen, im Norden und im Süden – also überall. Gottes Wunsch ist, dass sie alle erfolgreich sein können. Dafür ist es wichtig, auf die verschiedenen Beziehungen zu achten: Wie soll mich mein Kritiker ansprechen? Wie wünsche ich mir, gefördert zu werden? Kann ich selbst anderen gegenüber so handeln? Wem schreibe ich den Monatsspruch zum Geburtstag?
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch April 2022 (Johannes 20,18)
Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
wenn die Beerdigung vorbei ist, verändern sich die Gefühle. Während die Kumpels in ihre normalen Alltagsroutinen zurückkehren, fällt von den nahen Angehörigen die Anspannung ab. Sie weicht der Ohnmacht und Gefühlen von Schwäche. Die einen setzten sich nun zusammen und tauschen ihre Trauer und ihre Erinnerungen miteinander, die anderen suchen stille Zeit und gehen ein Stück. Ich selber gehe nach einer Beerdigung gern nochmal zum Grab. Das verbindet mich mit dem Ort, an dem ich ab jetzt Gedenken kann, mit meiner aktuellen Gegenwart. Dieser Ort bekommt jetzt eine Gestalt: Frische Blumen, Kränze mit Schleifen aber auch Nachbargräber und ein Raumgefühl auf dem Acker Gottes helfen mir, die Situation in mein Leben einzusortieren.
Stellen Sie sich vor: Sie kommen, um Ihre Gedanken mit der neuen Situation vertraut zu machen. Sie sehen den Sarg offen im Grab liegen. Zwei Männer in heller Kleidung sitzen daneben und fragen Sie: „Was weinst Du hier?“ – Für mich wäre das ein Schock. Es ist das schlimmste Szenario nach einer Beerdigung: Der Leichnam ist weg.
Genau das hat Maria erlebt. Ihre Gefühle spielen Achterbahn. Sie antwortet den hell gekleideten Männern: „Hier lag mein Geliebter – jetzt ist er weg – irgendwer hat ihn weggetragen und ich weiß nicht wohin!?“ Und plötzlich steht da noch so ein hell gekleideter Mann. Auch er fragt sie: „Was weinst Du? Wen suchst Du?“ Maria glaubt, es ist der Gärtner. Sie versucht ihre Stimme zu kontrollieren und antwortet: „Herr; hast Du ihn weggetragen? Sage mir, wohin! Ich will ihn wieder holen.“ Der Mann spricht sie beim Namen an: „Maria.“ Die Worte klingen vertraut. Sie erkennt die Stimme. Sie erkennt den Sprecher – sie ruft: „Meister!“
Der Tote lebt! Es handelt sich um Jesus – den Mann, der im ganzen Land vom Reich Gottes gesprochen hat. Sein Tod war definitiv kein Scheintot. Er ist öffentlich hingerichtet worden. Er erklärt Maria: „Rühr mich nicht an. Ich muss erst zu Gott, meinem Vater, gehen. Aber: Erzähl den Freunden davon.“ Wieder ist er weg. Maria geht zurück zu den anderen und berichtet voller Freude: „Ich habe den Herrn gesehen!“
Einer dieser Freunde hat das später aufgeschrieben. So fanden die Worte des Monatsspruchs in die Bibel. Es ist der Bericht einer persönlichen Begegnung am Auferstehungsmorgen. Jesus lebt, der Anfang des christlichen Glaubens.
Es ist Ostern. Das feiern wir im Jahr 2022 am 17. April. Sind die Gefühle auch heute nachvollziehbar. Ein Grab – kurz nach der Beerdigung – leer. Ostern lädt uns ein – Sie und mich – zum Friedhof zu spazieren und dort dem Wunder nachzuspüren, das da geschah.
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch März 2022 (Epheser 6, 18)
Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Dmitri Muratow, Meşale Tolu und Luka Binniyat arbeiten als Journalisten, publizieren unbequeme Wahrheiten und kennen Verfolgung. Weil sie bekannt sind, werden sie von anderen Menschen unterstützt. Luka Binniyat wurde im Januar 2022 von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und der Evangelische Nachrichtenagentur IDEA zum „Gefangenen des Monats“ gekürt. Dmitri Muratow erhielt als Chefredakteur der Zeitung „Nowaja Gaseta“ stellvertretend für alle Journalisten seines Hauses im Jahr 2021 den Friedensnobelpreis. Meşale Tolu wurde vor einigen Wochen durch die türkische Justiz frei gesprochen. In meinem Ohr klingt noch ihre Aussage, dass das Leid, was sie erleben musste, durch den Freispruch nicht einfach weg ist. Es bleibt Teil ihrer Geschichte.
Paulus sitzt im Gefängnis. Sein Brief an die Christen in der Stadt Ephesus ist fast beendet. Lehrreiche und nachdenkenswürdige Dinge hat er geschrieben. Direkt vor dem Monatsspruch vergleicht er Glaube mit Kampf und fordert seine Leser auf, die Waffenrüstung Gottes anzulegen. Nun bittet er um Gebet. Weil er sich in Gottes Hand weiß und weil in Gottes Hand jeder Glaubende geborgen ist, können Glaubende frei und offen zu Gott reden. Paulus weiß aus den alten Schriften, dass Gott sich bewegen lässt. Gebet verändert die Welt. Nachdem Elia den Glauben an den lebendigen Gott eindrücklich verteidigt hat (sein Opfer brannte vor den Leuten, während das andere Opfer nicht in Flammen aufging), ruft und fleht er zu Gott. Eine Dürre plagt das Land. Pflanzen und Tiere lechzen nach Wasser. Elia bittet Gott um Regen. Er bittet so lange, bis die ersten Wolken aufziehen.
Wir dürfen zu Gott beten – dürfen ihn anflehen – für Christen im Gefängnis und für „alle Heiligen“. [Zwischenfrage: Wer ist das eigentlich?]
Paulus weiß sich selbst unter den Heiligen. Er möchte für sich beten lassen. Paulus will, dass er trotz Gefangenschaft die gute Botschaft vom Reich Gottes weiter offen aussprechen kann.
Wir Christen heute wissen um so manche Not. Mir fallen konkrete Menschen ein, die in Angst geraten sind oder deren Last meine Last übersteigt. Gott hört zu, wenn wir etwas sagen. Ein Kinderlied besingt: „Gott hält die ganze Welt in der Hand; Gott hält die ganze Welt in der Hand; Gott hält die ganze Welt in der Hand; Gott hält die Welt in seiner Hand.“
Wenn ich den Spruch für diesen Monat zwischen der Waffenrüstung Gottes und dem Wunsch nach freier Rede für den Verkündiger Paulus lese, wird mein Blick auf die Christen gelenkt, die in Zwang und in Entscheidungsnot geraten sind. Gott gebe ihnen die Kraft, Dinge zu ändern, die sie ändern können; die Gelassenheit Dinge hinzunehmen, die sie nicht zu ändern vermögen und die Weisheit die eine Situation von der anderen unterscheiden zu können. Wie prekär die Lage auch immer sein mag; unser Retter kennt die schweren Situationen – und er hat versprochen bei uns zu sein; bis ans Ende der Zeit! Warten – ausharren – lohnt sich.
H. Christoph Geuder
KirchenBezirksSozialarbeiter
Monatsspruch Februar 2022 ( Epheser 4,26)
Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
morgens wacht man häufig mit den Gedanken vom Abend auf. Eine Motivationstrainerin empfiehlt deshalb, abends an etwas Schönes zu denken. Ein entspannter Abend ist fürs Wohlbefinden äußerst zuträglich. Und wenn es mir gut geht, kann ich leichter gute
Beziehungen pflegen. Gute Beziehungen sind Ausdruck eines tief in unserer Kultur verwurzelten Wertes – eines Ideals, zu dem wir uns hingezogen fühlen. Gute Beziehungen befördern Erfolg, vermeiden übergroße Anstrengung und stärken das Gefühl, sicher zu leben.
Ein Missionar der ersten Stunde der Christenheit sitzt im Gefängnis. Die Lehre von einem Reich, in dem Frieden gelebt wird, in dem Gewalt zu teilen ist und die Freiheit des Einzelnen nicht an einen bestimmten gesellschaftlichen Status oder ein höheres Einkommen geknüpft sind, ist neu. Seine Predigt, dass die Menschen sich Jesus anschließen und in diesem Zusammenhang ihre bisherigen Götter und Meinungen aufgeben sollen, erzeugt Widerspruch.
Jesus ist für ihn der Christus – der Retter der Welt.
Im Gefängnis hat der Mann Zeit, seine Gedanken und Ideen aufzuschreiben. Was er den Menschen vor Ort erzählen möchte, kann auf einmal gelesen werden und wird bis heute ernst genommen und diskutiert. Paulus legt wert darauf, dass Menschen, die an Jesus als den Retter der Welt glauben, durch ihr Tun und Lassen diese Erkenntnis spiegeln. Leicht nachvollziehbar ist es, wenn er rät, nicht mehr zu lügen und stattdessen offen über die Dinge zu reden, wie sie sich darstellen. Schwerer wird das, wenn im Fluss der Gefühle Ärger aufsteigt – Zorn. Im Zorn auf gute Beziehungen zu achten, fällt schwer.
Ein ärgerliches Kind schreit seinen Frust frei heraus. Will es etwas haben, zerrt es an der Mutter und reckt die Arme hin zum Objekt der Begierde. Will es etwas nicht, verwehrt es mit strampelnden Bewegungen die Aktion. Ein Kind erweitert seine Grenzen. Was gestern noch ganz selbstverständlich die Mutter entschieden hat, will es heute selbst bestimmen. Der Konflikt tritt innerlich auf und entlädt sich nach außen. Auch in Erwachsenen steigt manchmal Ärger auf. Er gibt dasselbe Signal: Irgendjemand hat meine Grenze verletzt;
irgendetwas ist zu nahe an mich heran gekommen. Ich muss mich wehren. Ein paar Fragen können helfen, meinem Zorn zu begegnen:
- Was will mir mein Ärger gerade sagen?
- Wie kann ich mit dem Grund meines Ärgers umgehen?
- Wodurch wird der Friede an meiner Grenze wieder hergestellt?
- Für gute Gedanken zu diesen Fragen wünsche ich Gottes Segen und schließlich „Gute Nacht.“
- H. Christoph Geuder
- KirchenBezirksSozialarbeiter