Selbst Bedürftige pfeifen heute auf DDR-Anbauwände

Der Möbeldienst der Diakonie, kurz Diashop, feiert sein 20-jähriges Bestehen. Aus kleinen Anfängen hat er sich zu einem gemeinnützigen Integrationsunternehmen mit vier Standorten entwickelt.

Diashop-Bereichsleiterin Pia Kaiser und Thomas Wunderlich im Auerbacher Markt an der Bahnhofstraße: Es gibt kaum Einrichtungsgegenstände, die es dort nicht gibt.

Auerbach. "Angefangen haben wir im Schlosshof in Auerbach mit vier ABM-Leuten und einem klapprigen VW-Bus", erinnert sich Pia Kaiser (46), die den Möbeldienst von Beginn an leitete. Heute sind 20 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Mitarbeiter im Bereich Diashop tätig, der zum Diakonie-Tochterunternehmen Gemeinnützige Gesellschaft für soziale Unternehmungen zählt. Außer dem Stammsitz in der Auerbacher Bahnhofstraße gibt es Standorte in Reichenbach, Plauen und Klingenthal, vier große Kastenwagen bilden den Fuhrpark. "Gemeinnützig sind wir wegen der Zusammensetzung unserer Beschäftigten, einkaufen kann bei uns jeder", betont Pia Kaiser. Mindestens 25 Prozent der Belegschaft müssten schwer behindert sein - "bei uns sind es über 40 Prozent", sagt die Bereichsleiterin. Ein Taubstummer gehört ebenso zur Belegschaft wie Menschen mit psychischer Behinderung oder mit geschädigten Knien, Hüften und Knochen. "Es ist nicht einfach, arbeitsfähige Teams zu bilden, aber es klappt", so Pia Kaiser. Ihre Leute holen kostenlos Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände ab, übernehmen Haushaltsauflösungen und Wohnungsberäumungen, fahren Umzüge. In den Diashop-Märkten kann sich jedermann eindecken: "Vom Eierbecher über die Waschmaschine bis zur Anbauwand ist alles da."

Für jeden Geldbeutel ist etwas dabei: Es gebe den Schrank für zehn Euro ebenso wie die tadellos erhaltene Küche für 2000 Euro, unterstreicht Pia Kaiser. "Wir müssen uns am Markt behaupten, um unsere Kosten decken zu können." Gewinn darf das gemeinnützige Unternehmen nicht machen, die behinderten Mitarbeiter bekommen einen "Minderleistungs-Ausgleich" vom Integrationsamt.

 

Eine wachsende Konkurrenz sind Internet-Börsen wie E-Bay - aber am meisten leide man darunter, dass so viel auf den Sperrmüll geworfen werde, meint Pia Kaiser: "Bevor man etwas entsorgt, sollte man lieber uns rufen - wir holen ja nicht nur die Möbel." Das Alter der Gegenstände sei nicht entscheidend, es gehe darum, dass sie sauber, funktionsfähig und noch zu verwerten seien: "DDR-Anbauwände und Röhrenfernseher wollen auch Bedürftige heutzutage nicht mehr haben." Festgestellt hat Pia Kaiser auch, dass die Geschmäcker unterschiedlich sind: Im Oberland möge man es rustikaler, während man so etwas in Plauen nicht anzubieten brauche.

Manchmal werden die Diashop-Mitarbeiter sogar zu "helfenden Engeln": Zu Heiligabend haben Christian Otto und Markus Hirth eine 88-jährige gelähmte Frau im Rollstuhl in die vierte Etage eines Auerbacher Neubaublocks getragen. "Das gehört natürlich nicht zum Aufgabengebiet - aber schließlich sind wir die Diakonie, und wir haben gerne geholfen", sagt Pia Kaiser.

Aktionen zum Jubiläum
Das 20-jährige Bestehen feiert der Dia-Shop in diesem Jahr mit 20 Aktionen. Dazu gehören Tauschwochen für Bücher, Kaffeekannen oder Vasen.
Vom 24. bis 28. März wird dazu aufgerufen, den ältesten Kaufbeleg vom Diashop herauszukramen. Es gibt Flohmärkte und eine Kinderwoche.

Quelle: FreiePresse

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